Stellungnahme 2008

Neubau der Bundesstrasse 212 von Berne-Harmenhausen bis zur Landesgrenze Niedersachsen/Hansestadt Bremen
Ergänzung zur Stellungnahme vom 26.9.2007 des NABU Delmenhorst aus Juli 2008
Der NABU Delmenhorst hat zum laufenden ROV- Verfahren B212n bereits im September 07 umfangreiche Einwendungen zugesandt. Vor dem Hintergrund dieser Einwendungen möchten wir die nachfolgenden Ergänzungen zum aktuellen Verfahrensstand hinzufügen.
Naturschutz
Nach dem derzeitigen Verfahrensstand scheint die Natura 2000 Gebietsproblematik den Linienkorridor in ein Gebiet – nördliches Delmenhorst/ Sandhausen – zu führen, dass sich durch eine hohe naturschutzfachliche Problematik auszeichnet. Neben den bekannten artenschutzrechtlichen Belangen bezüglich der Fledermäuse wird durch die Ergebnisse vegetationskundlicher und faunistischer Kartierungen (Pgg, 2008) eine hohe odanatologische Wertigkeit der Sandhauser Brake und der Lynsbrake belegt.

Der Nachweise der Wirksamkeit von Querungshilfen und Lenkungskonzepten für die kartierten Fledermausarten muss noch erbracht werden. Der Verweis (Pgg 2008, Überprüfung der Variantenauswahl hinsichtlich der Auswirkungen auf Natura 2000-Gebiete sowie hinsichtlich artenschutzrechtlicher Belange) auf die planfestgestellte B50n (Hochmosel-übergang) ist völlig unzureichend, da weder die Wirksamkeit der Maßnahmen aufgrund von Erfolgskontrollen bestätigt werden können, noch das Artenspektrum und die aufgrund der besonderen Raumstruktur erfolgten Querungshilfen auf die Verhältnisse in Sandhausen übertragbar sind. Daher muss davon ausgegangen werden, dass es durch die gewählte Vorzugsvariante trotz vorgezogener Ausgleichs- und Vermeidungsmaßnahmen zu artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen kommen wird.
Hinsichtlich des besonderen Libellenvorkommens muss noch geklärt werden, inwieweit sich das Vorhaben gerade auch im Zusammenhang mit den geplanten Vermeidungsmaßnahmen für die Fledermäuse auf die räumliche Ausbreitung der vom Aussterben bedrohten Spitzenfleck Libelle (Libellula fulva) auswirken könnte. Das Bauvorhaben mit Wall, Lärmschutzwänden und Fledermausüberflughilfen, könnte eine erhebliche Barrierewirkung zwischen der Sandhauser Brake und den Ausbreitungsgebieten der Libelle, der Engelbartsbrake und der Lynsbrake nördlich der L877, verursachen.
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass besonders im Bereich des Biotopkomplexes Sandhauser Brake die geplante bauliche Gesamtanlage zu berücksichtigen ist. Neben dem Ausbau des Sandhauser Weges zu einer zweispurigen Straße werden insgesamt vier Auf- bzw. Abfahrtrampen von dem vierspurigen Brückenkörper, der die Stedinger Landstraße kreuzt, geführt.
Bei der Betrachtung der Gebietsgrenzen des Vogelschutzgebietes Niedervieland (DE2918-401) fällt auf, dass ca. 1/3 der Gebietsgrenzen identisch mit der Landesgrenze Bremen/Niedersachsen sind. Für die Eingrenzung eines Vogelschutzgebietes sind jedoch nur fachliche Kriterien ausschlaggebend, Ländergrenzen sind kein Kriterium. Deshalb muss die Frage, ob durch die vorhandene westliche Eingrenzung des Vogelschutzgebietes ein unzulässiger Gebietszuschnitt erfolgt ist, geklärt werden. Die Prüfung der angrenzenden niedersächsischen Ochtumniederung in Bezug auf ihre Funktion für das Vogelschutzgebiet muss noch erfolgen, da sie durch die bisher vorgelegten Gutachten nicht ausreichend beantwortet werden konnte.
Zu den oben dargestellten naturschutzfachlichen Problemfeldern muss dringend eine Einschätzung der zuständigen Fachbehörden für Naturschutz eingeholt werden. Die Bearbeitung sollte soweit wie möglich auf der Ebene der Linienbestimmung erfolgen, um Abwägungsfehler zu vermeiden.
Verkehr
Die Schwere der naturschutzfachlichen Problematiken des Planungsvorhabens erfordert insbesondere die Prüfung des Ausbaues des vorhandenen Straßennetzes (s. BVWP.2003, Nr. 3.4.6.2). Die Frage, ob alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen geprüft wurden, kann ohne eine nachvollziehbare und detaillierte Begründung der Ablehnung der Prüfung der „Ausbauvariante“ nicht beantwortet werden! Hier müssen auch Alternativen mit eingeschränkter verkehrlicher Zielerfüllung in Kauf genommen werden sowie solche mit stärkeren Auswirkungen auf andere Belange.
Auch für die bisher untersuchten Varianten können durchaus eingeschränkte Zielerfüllungen ermittelt werden. So kann z.B. die Entlastung der Ortschaften entlang der L875 nördlich der B212n und die der L877 nur durch eine erhebliche Belastung der L875 südlich der B212n bewirkt werden. Hierbei ist die Frage der Linienwahl zweitrangig. Neben einer Umverteilung der Pendlerbeziehungen kommt es, mit Ausnahme des Prognose Planfalles 1, zu einer erheblichen Steigerung des Durchgangs- insbesondere des LKW Verkehrs auf der Stedinger Landstraße südlich der B212n, mit Auswirkungen auf Straßenzüge im nördlichen und westlichen Stadtgebiet von Delmenhorst (Aktualisierung Verkehrsprognose A281 – Sonderbericht B212n, 2007). In Bezug auf die Entlastungswirkungen des Vorhabens kann also allenfalls nur von einer eingeschränkten Zielerfüllung gesprochen werden.
Die Frage in wieweit eingeschränkte verkehrliche Zielerfüllungen durch den Ausbau des vorhandenen Straßennetzes hingenommen werden müssen, denn die A281 und das GVZ sind von Delmenhorst und der Wesermarsch aus akzeptabel erreichbar, konnte nicht befriedigend beantwortet werden. Während für die L877 die Funktion einer Erschließungsstraße für die angrenzende Wohnbebauung dargestellt wurde, verbleibt die Funktion der L875 im Unklaren. Dieser Themenkomplex steht somit noch zur Bearbeitung aus.
Erstellt vom Vorstand des NABU Delmenhorst.